Das Deutsche ist eine faszinierende Sprache, die Nicht-Muttersprachler nur mit Schwierigkeiten erlernen. Ein wesentlicher Grund sind die zusammengesetzten Wortkonstruktionen, die besonders im Amtsdeutsch zu veritabler Länge anschwellen können.
Das mag nicht jeder, und gerade im digitalen Zeitalter mit automatischer Worterkennung und automatischer Silbentrennung können allzu lange zusammengesetzte Wörter einen Text regelrecht töten.
Rettung können Bindestriche bringen. Die dürfen aber nicht an jeder Stelle beliebig eingefügt werden. Zum Beispiel dort, wo ein zusammengesetztes Substantiv durch ein Fügungs-S verbunden wird, wirkt dieses kleine „s“ wie Fugenkitt und verträgt keine nachträgliche Trennung durch einen Bindestrich.
Beispiel: „Schadensersatz“ wird niemals zu „Schadens-Ersatz“.
Wo Bindestriche auch nicht wirklich hingehören, sind – leider – „Lesefallen“. So bezeichne ich Wörter, die aus mehreren Teilen bestehen, aber mit ungewöhnlichen Buchstabenkombinationen aneinandergrenzen. Gewohnt an eine andere Zusammensetzung, liest man „falsch“ – Wikipedia erklärt das als Holzwegeffekt.
Statt langer Erklärungen illustriert das ein kurzer Beispieltext besser.
Lesen Sie doch mal:
„Unser dreietagiges Hotel in Tallage hat richtig Altbaucharme. Durch die kleinen Hoffensterchen können Sie die nur bei uns heimischen Zwergelstern beobachten. Die Rotzeder, in der sie nisten, behandeln wir regelmäßig mit einem Baumentaster. Der Besitzer, ein Milliardärsenkel, hat hier einen echten Publikumshit geschaffen. Genießen Sie unsere Ausgehabende und die Auftritte des Kreischorverbands in der Konzertaula.“
Nun könnte man aus Gründen der besseren Lesbarkeit zwar legitim „Rot-Zeder“ oder „Zwerg-Elstern“ schreiben, das sieht aber bei so kurzen Wörtern blöd aus. Und die Trennung von „Milliardärs-Enkel“ oder „Publikums-Hit“ verbietet sich wegen des Fügungs-S.
So bleibt nur zu hoffen, dass die geneigten Leser*innen die Stolperfallen erkennen und (schmunzelnd) meistern. Mein Job als Lektorin ist es, solche Lesefallen zu erkennen und den Leser*innen, wenn möglich, durch Umformulierungen den Holzweg zu ersparen.
Deutsch ist und bleibt eine schwere Sprache!