Haben Sie sich erschreckt oder erschrocken?

Huch – das war ja ein echter Schock. Da habe ich mich ordentlich erschrocken… oder doch eher erschreckt?

Welche Form von „erschrecken“ richtig und falsch ist, darüber entscheidet der Kontext – beide Formen haben ihre Berechtigung, aber nicht an jeder Stelle!

Schauen wir uns also anlässlich von Halloween die beiden grundlegend unterschiedlichen Situationen an, in denen man erschreckt oder erschrocken sein/werden kann.

„(Ich habe mich) erschreckt“

Die Perfekt-Form wird immer mit „haben“ gebildet und braucht jemanden, der das Ziel des Erschreckens ist – also ein Objekt. Das kann man selbst sein (also „mich“) oder jemand anders („dich“ oder auch „der Angsthase da drüben“).

Das Erschrecken ist eine aktive Handlung: Der Hund erschreckt mich, die Corona-Inzidenzen erschrecken die Menschen, ich selbst erschrecke mich vor meinem Spiegelbild (vor allem am Montag Morgen…).

Jemand hat mich erschreckt, aber nicht erschrocken.

„(Ich bin) erschrocken“

Bei dieser Partizip-Konstruktion braucht es kein Objekt – man kann ganz allein erschrocken sein. „Erschrecken“ ist in dieser Variante ein „intransitives Verb“ ohne Akkusativobjekt, und es wird mit „sein“ gebildet.

Erschrocken sein kann man über vieles, auch über sich selbst – aber eine andere Person oder Sache braucht man dazu nicht.

„Ich bin erschrocken, weil das Lektorat so teuer ist“ wäre demnach – grammatisch – korrekt.

Auf das Erschrocken-Sein hat man normalerweise keinen (aktiven) Einfluss, es passiert durch Fremdeinwirkung.

Erschreckt oder erschrocken – sein oder haben?

Viele Dingen können mich erschrecken, aber ich bin nur dann erschrocken, wenn mich etwas anderes erschreckt.

Der Satz „Ich habe mich erschrocken“ ist genauso falsch wie „Ich bin zutiefst erschreckt“.

-> Merke: Ich bin erschrocken (ohne Fremdeinwirkung), Ich habe mich (oder wurde) erschreckt.

„Erschrecken“ richtig konjugieren

Mit den beiden unterschiedlichen Verwendungen von „erschrecken“ geht auch verschiedene Flexionen einher – erschrecken ist in der transitiven Form ein sogenanntes schwaches Verb, in der intransitiven Form aber ein starkes, d. h. sein Stamm verändert sich, wenn man es ins Präteritum setzt.

Das heißt, es heißt im Präsens:

ich erschrecke (jemanden oder einfach so), du erschreckst, wir erschrecken usw.

ABER im Präteritum:

ich erschreckte (jemanden)/ich erschrak (einfach so), du erschrecktest (dich)/du erschrakst (einfach so) usw.

Erschrecken ist übrigens kein reflexives Verb! Auch wenn man umgangssprachlich durchaus „sich erschrecken“ kann, ist das erstens grammatisch falsch und zweitens auch praktisch unmöglich: Oder haben Sie sich schon einmal erfolgreich selbst erschreckt?