Auf oder in Mallorca? Inseln korrekt bereisen

In oder auf Inseln Lektorat Dresden

Eine meiner liebsten Beschäftigungen als Lektorin ist das Schreiben – und Lektorieren – von Reiseführern, und meine liebsten Reiseziele sind witzigerweise alles Inseln.

Japan und Neuseeland sind ziemlich große Inseln, Mallorca ist im Vergleich dazu recht klein – aber es bleibt der Eindruck für viele Menschen, dass man AUF einer Insel Urlaub macht. Dennoch ist und bleibt es falsch, wenn man sagt: „Wir sind auf Neuseeland“ – genauso falsch, wie der Ausdruck „in Mallorca“ ist.

Woran erkenne ich, wann ich auf oder in verwenden sollte?

Hinweis: Bei der Frage nach auf oder in kommt es nicht auf die Größe an (wann tut es das schon…).

Intuitiv spricht man bei kleineren Inseln, die als Einheit überschaubar sind, von auf, weil man sich eben obendrauf wähnt.

Die dahinter stehende Regel ist anders, aber ziemlich einfach anzuwenden, wenn man in der Schule aufgepasst hat:

  • in verwendet man, wenn die Insel eine politische Einheit ist, also ein Staat.
  • auf verwendet man, wenn die Insel im geografischen Sinn gemeint ist, also kein eigenes Land darstellt. Man ist z. B. immer auf einer einsamen Insel, was eine rein geografische Beschreibung ist.

Dass viele Menschen annehmen, es hinge von der Größe einer Insel ab, ob man auf oder in ihr weilt, liegt schlicht daran, dass größere Inseln tendenziell auch eigene Staaten sind.

Nun ist nicht allen Reisenden bekannt, dass Mallorca kein eigener Staat ist – die Insel gehört zunächst zur Inselgruppe der Balearen und diese wiederum sind Teil von Spanien. Eine kleine Hilfe ist hierzu vielleicht praktisch:

Inseln, die gleichzeitig Länder sind → man ist in

  • Malta (ja, wirklich!)
  • Zypern
  • Island
  • England
  • Irland
  • Kuba

Inseln, die keine Länder sind → man ist auf

  • Rügen/Sylt/Helgoland etc. – gehören zu Deutschland
  • Bornholm – gehört zu Dänemark
  • Mallorca/Menorca/Ibiza/Formentera (den Balearen) – gehören zu Spanien
  • Korsika – gehört zu Frankreich
  • Sardinien – gehört zu Italien
  • Sizilien – gehört zu Italien
  • Kreta/Kos/Korfu etc. – gehören zu Griechenland
  • Gran Canaria/Teneriffa/Lanzarote/Fuerteventura (den Kanaren) – gehören zu Spanien
  • Madeira

Daraus ergeben sich übrigens noch weitere Unterschiede in der Verwendung von Präpositionen: Urlaubsgrüße sendet man grammatisch korrekt „von Mallorca“, aber „aus Neuseeland“.

Insel-Streitfälle: in oder auf?

Es gibt keine feststehende grammatische Regel zu dieser Frage, die man im Duden nachschlagen könnte. Und so ist es des Öfteren unklar, welche Präposition im konkreten Fall die passende – oder korrekte – ist.

So wird oft diskutiert, dass man Inseln wie Kuba sowohl geografisch als auch politisch definieren könnte. Man kann aus Kuba kommen, wenn man auf seine Herkunft anspielt, aber auch von Kuba, wenn der Flieger dort (geografisch) gestartet ist.

Ebenso ist diskutabel, ob der inzwischen ausgestorbene Moa wirklich in der politischen Einheit Neuseeland lebte, das es zu seiner Zeit noch gar nicht gab, oder ob man wirklich auf der riesigen Insel Grönland mit eigener Hauptstadt ist, nur weil diese von Dänemark verwaltet wird.

-> Immer die gleiche Präposition braucht man auf jeden Fall, wenn man die Flugrichtung angibt: Man reist nach Mallorca und auch nach Neuseeland.

Haben Sie sich erschreckt oder erschrocken?

Erschreckt oder erschrocken

Huch – das war ja ein echter Schock. Da habe ich mich ordentlich erschrocken… oder doch eher erschreckt?

Welche Form von „erschrecken“ richtig und falsch ist, darüber entscheidet der Kontext – beide Formen haben ihre Berechtigung, aber nicht an jeder Stelle!

Schauen wir uns also anlässlich von Halloween die beiden grundlegend unterschiedlichen Situationen an, in denen man erschreckt oder erschrocken sein/werden kann.

„(Ich habe mich) erschreckt“

Die Perfekt-Form wird immer mit „haben“ gebildet und braucht jemanden, der das Ziel des Erschreckens ist – also ein Objekt. Das kann man selbst sein (also „mich“) oder jemand anders („dich“ oder auch „der Angsthase da drüben“).

Das Erschrecken ist eine aktive Handlung: Der Hund erschreckt mich, die Corona-Inzidenzen erschrecken die Menschen, ich selbst erschrecke mich vor meinem Spiegelbild (vor allem am Montag Morgen…).

Jemand hat mich erschreckt, aber nicht erschrocken.

„(Ich bin) erschrocken“

Bei dieser Partizip-Konstruktion braucht es kein Objekt – man kann ganz allein erschrocken sein. „Erschrecken“ ist in dieser Variante ein „intransitives Verb“ ohne Akkusativobjekt, und es wird mit „sein“ gebildet.

Erschrocken sein kann man über vieles, auch über sich selbst – aber eine andere Person oder Sache braucht man dazu nicht.

„Ich bin erschrocken, weil das Lektorat so teuer ist“ wäre demnach – grammatisch – korrekt.

Auf das Erschrocken-Sein hat man normalerweise keinen (aktiven) Einfluss, es passiert durch Fremdeinwirkung.

Erschreckt oder erschrocken – sein oder haben?

Viele Dingen können mich erschrecken, aber ich bin nur dann erschrocken, wenn mich etwas anderes erschreckt.

Der Satz „Ich habe mich erschrocken“ ist genauso falsch wie „Ich bin zutiefst erschreckt“.

-> Merke: Ich bin erschrocken (ohne Fremdeinwirkung), Ich habe mich (oder wurde) erschreckt.

„Erschrecken“ richtig konjugieren

Mit den beiden unterschiedlichen Verwendungen von „erschrecken“ geht auch verschiedene Flexionen einher – erschrecken ist in der transitiven Form ein sogenanntes schwaches Verb, in der intransitiven Form aber ein starkes, d. h. sein Stamm verändert sich, wenn man es ins Präteritum setzt.

Das heißt, es heißt im Präsens:

ich erschrecke (jemanden oder einfach so), du erschreckst, wir erschrecken usw.

ABER im Präteritum:

ich erschreckte (jemanden)/ich erschrak (einfach so), du erschrecktest (dich)/du erschrakst (einfach so) usw.

Erschrecken ist übrigens kein reflexives Verb! Auch wenn man umgangssprachlich durchaus „sich erschrecken“ kann, ist das erstens grammatisch falsch und zweitens auch praktisch unmöglich: Oder haben Sie sich schon einmal erfolgreich selbst erschreckt?

Kommas retten Leben: Komm wir essen Opa!

Kommas retten Leben

Ein genauer Blick ist für eine Lektorin unerlässlich. Fehlt ein Punkt, Komma oder Strich, kann dadurch die Aussage eines Satzes komplett verändert werden. Dabei kommen oft lustige Sachen heraus, über die aber nur ich im Lektoratsstübchen schmunzeln sollte – ansonsten wird es oft unfreiwillig peinlich…

Sehr häufig korrigiere ich Fehler in der Kommasetzung. Kommas sind zwar klein, aber sie sind keine Nebensächlichkeiten! Sie gliedern den Sprechrhythmus und grammatische Konstruktionen und können den Inhalt eines Satzes völlig verändern.

Vor allem im Zeitalter der Textnachrichten und des hastigen E-Mail-Schreibens werden Kommas oft weggelassen, weil man meint, sie wären nicht zwingend nötig – die Rechtschreibreform mit ihren vielen Kann-Regeln bei der Kommasetzung hat hier viele Menschen stark verunsichert.

Durch falsch gesetzte, weggelassene oder auch zu großzügig verteilte Kommas entsteht aber manchmal der sogenannte „Holzwegeffekt“: Aus unterschiedlichen Kommasetzungen entstehen unterschiedliche Betonungen. Das kann vor allem in der gesprochenen Sprache Sätze mit sehr unterschiedlicher Bedeutung verursachen. 

Komm wir essen Opa – Holzwegeffekt dank Kommas

Hier sind einige Beispiele für krass veränderte Aussagen, die nur durch eine andere Kommasetzung entstanden sind:

Herr Müller, mein Mann, und ich gingen spazieren.
Herr Müller, mein Mann und ich gingen spazieren.

-> Wer ist nun Herr Müller? Ist er mein Mann? Oder war da noch eine dritte Person mit?

Das Kind, sagte der Vater, kann nicht klettern.
Das Kind sagte, der Vater kann nicht klettern.

-> Wer kann denn nun nicht klettern?

Ich empfehle, ihr zu folgen.
Ich empfehle ihr (,) zu folgen.

-> Was wird hier genau empfohlen und wem?

(Damit das klar wird, sollte in diesem Fall das freiwillige Komma vor dem einfachen Infinitiv mit „zu“ gesetzt werden, auch wenn das nicht zwingend notwendig ist.)

Komm, wir essen, Opa!
Komm, wir essen Opa!

-> In diesem Fall retten Kommas Leben!

Überlegen Sie also genau, ob Sie auf die Arbeit einer Lektorin wirklich verzichten wollen…

Lektorat: Stadtkrimi-App

Stadtkrimis

Städtetrips sind total im Trend. Wer im Packstress den Reiseführer vergessen hat, keine Lust auf dröge Kultur-Stadtführungen hat und aber zielloses Herumbummeln zu langweilig findet, der greift heutzutage gern zum Smartphone – und kauft sich fix eine Schatzsuche.

Die Stadtkrimis geben der klassischen Schatzsuche, die in Städten von Punkt zu Punkt führt und dabei Wissenswertes vermittelt, einen weiteren Twist – hier soll ein Kriminalfall aufgeklärt werden.

Was passiert ist, ändert sich von Fall zu Fall. Mal wurde ein berühmtes Bild gefälscht, mal ein wertvolles Objekt gestohlen, mal jemand ermordet. Die Täter(in), das Tatmotiv und der Tathergang ergeben sich Stück für Stück, während man den Instruktionen der Stadtkrimi-App durch Kassel, Korbach oder Frankenberg folgt.

Stadtkrimi-Erfinderin Leonie Mimpen-Becker beauftragt mich regelmäßig mit dem Lektorat ihrer neuen Stadtkrimi-Touren. Sie spricht zwar Deutsch fließend, ist als geborene Niederländerin aber grammatisch nicht ganz sicher.

Beim Lektorat achte ich nicht nur auf die passende Wortwahl und prüfe die Grammatik (Deutsch ist eine fies schwierige Sprache), ich gehe auch per Google Maps die Route ab und checke, ob der Rundgang funktioniert.

Auf diese Weise können die Nutzenden der App ihren Stadtkrimi-Rundgang ohne Irritationen absolvieren und ich lerne viel Neues über hessische Städte. Das ist etwas, was ich an meinem Beruf sehr gern mag: Jeder Auftrag bringt mir neues Wissen!

1 Lektorat = 3 Durchgänge

Tastatur

Wieso dauert ein Lektorat so lange – man muss den Text doch nur einmal gründlich lesen…?

Weit gefehlt. Ein ordentliches Lektorat braucht deutlich mehr Zeit, als der hilfsbereite Studienkollege oder die Projektmanagerin fürs „Drüberlesen“ benötigt. (Daher auch der vermeintlich hohe Preis für ein Lektorat; meine Arbeitszeit hat ihren Wert!)

Mein Lektorat (und das aller ernsthaften Kolleg*innen) beinhaltet immer drei Durchgänge:

– Im ersten Durchgang prüfe ich den Inhalt des Textes: Ergeben die Sätze Sinn? Gibt es auffällige Wiederholungen? Sind Fremdwörter korrekt verwendet worden?

– Im zweiten Durchgang prüfe ich Orthografie und Grammatik: Hier finde ich Tippfehler, Grammatikfehler (im Deutschen sehr häufig) und klassische Rechtschreibfehler (wer nämlich mit H schreibt…). Auch die Rechtschreibprüfung in Word bekommt hier ihre Chance, sie hat allerdings nicht immer recht.

– Der dritte Durchgang ist der wichtigste und darf keinesfalls aus Zeitgründen weggelassen werden: Hier lese ich ein weiteres Mal über den Text und wähle dazu idealerweise ein anderes Format (eine andere Auflösung am Bildschirm, eine andere Schriftart in Word, kurze Texte drucke ich auch aus). Hier finde ich wirklich IMMER Fehler, die vorher übersehen wurden.

Wie ich bereits in meinem Beitrag „Null Fehler“ erkläre, gebe ich ganz bewusst keine Garantie auf Fehlerfreiheit – denn es ist menschlich und unvermeidbar, dass man Dinge übersieht.

Wenn Sie absolut auf Nummer sicher gehen wollen oder müssen, dass es keinerlei Fehler mehr in Ihrem Text gibt, empfehle ich eine Zweitkorrektur, die ein*e Kolleg*in übernimmt. Diese Dienstleistung übernehme ich selbst ebenfalls öfters für andere, daher weiß ich aus Erfahrung, wie sinnvoll es ist.

Sprechen Sie mich gern an, ich vermittle dann gern ein passendes Lektorat oder preise diesen vierten Extra-Durchgang in meine Dienstleistung ein – Sie müssen sich dann um nichts kümmern.

Lektorat: Fantasy-Roman „Shakroeïk“

Ein mehrere hundert Seiten starkes Manuskript voller Figuren, kaum auszusprechender Ortsnamen und Fremdwörter in ausgedachten Sprachen: Was Jung-Autor Jan Schwarz mir als Mega-Word-Dokument zuschickte, ging sowohl zeitlich als auch hinsichtlich der im Kopf zu behaltenden Namen an die Grenzen meiner Kapazitäten.

Ich wusste allerdings, dass mich hier ein echter Schatz erwartet, denn ich durfte bereits vor etlichen Jahren drei Fantasy-Bücher von Jan lektorieren: Mit gerade einmal 13 Jahren war er damals ganz bestimmt einer von Deutschlands jüngsten Autoren und hat mich mit seiner ausgesuchten Wortwahl und der äußerst dicht gewebten Handlung in der Trilogie „Der zwölfte Orden“ (erschienen im Best Off Verlag) sehr beeindruckt.

Diesmal war es nicht anders: Shakroeïk ist sozusagen die Fortsetzung von Jans Ideen, wie eine Gesellschaft idealerweise zusammenleben könnte. Das liest sich streckenweise ein wenig trocken, aber immer wieder überrascht der Jung-Autor mit ungewöhnlichen Ideen und Schock-Momenten, die das Buch definitiv zur Erwachsenenlektüre machen.

Lange Manuskripte lektoriere ich eher selten, aus zwei Gründen:

– Es gibt nur wenige Autor*innen, die die doch recht hohen Kosten eines Lektorats selbst stemmen können (oder wollen), und auch Kleinverlage scheuen diese Kosten häufig. Leider geht das fast immer zu Lasten der Qualität.

– Der andere Grund ist schlicht der hohe Zeitaufwand. Um einen Schmöker wie „Shakroeïk“ gründlich zu lesen, die Handlung kritisch auf Schwachstellen zu beleuchten und mindestens zweimal durch den Text zu gehen, um Wiederholungen, Redundanzen und Tippfehler aufzuspüren, ist sehr viel Zeit nötig. Auch deshalb, weil kein Mensch acht Stunden am Tag aufmerksam lektorieren kann.

Buch-Manuskripte sind daher ein Highlight in meinem Lektoren-Jahr, das ich höchstens zwei- oder dreimal genießen möchte – dann aber mache ich es sehr gern und freue mich, wenn ich einen Überraschungshit wie Shakroeïk lektorieren darf.

Ich bin gespannt auf weitere Werke von Jan Schwarz!

Lektorat: Fotobuch Talsperren in Sachsen

Talsperren in Sachsen

Selten habe ich ein Buch lektoriert, das gleichzeitig so formvollendet schön ist und ein so … abwegiges Thema hat. „Talsperren in Sachsen“ ist ein echtes Couchtisch-Buch zum genussvollen Durchblättern und Schmökern – für alle Menschen, deren Herz für Talsperren in Sachsen brennt.

Talsperren in Sachsen
Couchtisch-Schmöker mit ungewöhnlichem Thema

Den Auftrag für das Lektorat des bereits fertig gesetzten Textes erhielt ich nicht von den Verfassern des Buches: Das ist die Talsperrenverwaltung Sachsen, die erstaunliche 24 Trinkwasser- und Brauchwassertalsperren, 5 Wasserspeicher und 25 Hochwasserrückhaltebecken im ganzen Freistaat überwacht und erhält. Das ist im Bundesvergleich eine Menge!

Nein, beauftragt wurde ich von der Kommunikationsagentur Mai & März aus Dresden – die nur einen zehnminütigen Spaziergang von meinem Büro entfernt sitzen, die Welt ist doch echt ein Dorf. Ich hoffe sehr, dass wir auch an weiteren Projekten zusammenarbeiten können, denn wenn ich etwas noch mehr schätze als gute Texte, dann sind es gute Kunden!

Mit größtem Respekt durfte ich also diese Schönheit voller herausragender Drohnenfotos des Freiberger Fotografen Albrecht Holländer lektorieren, wobei mir im Hinterkopf ständig die nagende Frage herumging: Wer bitteschön interessiert sich für Talsperren in Sachsen?

Talsperren in Sachsen
Formvollendet (und jetzt auch fehlerfrei): der Bildband „Talsperren in Sachsen“

Offenbar tun das nicht wenige Menschen: Hier handelt es sich nämlich bereits um die zweite, komplett überarbeitete Auflage des Buches. Und ja, man lernt darin wirklich sehr viel über die technischen Meisterwerke, die teilweise schon seit 500 Jahren im Einsatz sind, und ihre Bedeutung für die Landschaftsgestaltung, aber auch den Umgang mit dem Klimawandel in Sachsen.

Spoiler: Ohne seine vielen Talsperren hätte der Freistaat die Hochwasser und Dürreperioden der vergangenen Jahrzehnte längst nicht so gut weggesteckt. Und die Herausforderungen werden ja nicht geringer.

Wem ich jetzt tatsächlich Lust auf „Talsperren in Sachsen“ gemacht habe, der kann den Fotoband für 40 Euro (inklusive Versand) per E-Mail direkt bei der Landestalsperrenverwaltung bestellen.

Viel Spaß beim Lesen – wetten, Sie finden keinen Fehler?

Talsperren in Sachsen
Der Fotoband „Talsperren in Sachsen“ bietet Augenweide und Lernstoff zugleich

Null Fehler? Niemand ist perfekt

Fehler Korrektur

Nach 15 Jahren freiberuflichem Lektorat gebe ich zu: Der Name „Null Fehler“ für mein Unternehmen war vielleicht nicht die beste Idee. Er sorgt nämlich hin und wieder für Missverständnisse.

Einige Kund*innen glauben, der Name sei Programm und ich würde ein absolut fehlerfreies Lektorat garantieren. Es sei ganz deutlich gesagt (und in meinen AGB steht es auch):

Das tue ich nicht!

Niemand kann ein perfektes, absolut fehlerfreies Arbeitsergebnis garantieren. Lektorate, die so etwas anbieten, sind unseriös. Sie versprechen etwas, was man einfach nicht halten kann, wenn man manuell – also als Mensch und nicht als Maschine – korrekturliest. Und wenn es dann ums Lektorat geht, kommen wir sogar in Bereiche, wo über die beste Formulierung gestritten werden kann.

Null Fehler: der Name ist Programm, aber keine Garantie!

Warum null Fehler (meist) nicht möglich sind

Bei einem Info-Faltblatt, einem kurzen Anschreiben oder anderen sehr übersichtlichen Texten ist es sicherlich möglich, Fehlerfreiheit zu erreichen. Je länger der zu lektorierende Text ist, desto unrealistischer wird ein solches Vorhaben.

Das ist nicht nur eine rein menschliche Betrachtung – denn das Erkennen von Fehlern ist nichts, was man automatisieren oder bis zur Perfektion trainieren kann. Je länger ich lese, desto müder werden meine Augen und desto schneller „überlese“ ich Fehler.

Fehlerfreiheit ist auch rein rechnerisch unmöglich zu erreichen.
Dazu ein Gedankenbeispiel: Vereinbare ich etwa eine Fehlerquote von 1 Promille, sollen am Ende meiner Arbeit in einem Text von 100.000 Zeichen noch 100 Fehler enthalten sein (gleich welcher Art). Nur – wie soll ich das nachprüfen? Dazu müsste ich diese 100 Fehler, die ich ja per Vereinbarung übersehen durfte, doch finden und sicherstellen, dass es „nur“ 100 sind.

Keine Sorge: So viele Fehler übersehe ich bestimmt nicht. Trotzdem geht man in der Branche davon aus, dass in einem manuellen Korrekturdurchgang nur etwa 80 Prozent der Fehler gefunden werden (eine maschinelle Korrektur findet 50 Prozent). Im zweiten Korrekturdurchgang, der im Preis meiner Standardlektorats enthalten ist, finde ich also in den verbleibenden 20 Prozent Fehler noch einmal 80 Prozent.

In einem Text mit 100 Fehlern finde ich also im Schnitt 80 Fehler im ersten Durchgang und dann noch einmal 16 Fehler von den verbliebenen 20 Fehlern. Bleiben 4 Fehler, die ich wohl übersehe – es sei denn, wir haben einen weiteren Korrekturdurchgang vereinbart.

Die Grenzen des Lektorats

Auch wenn es schwierig wird: Null Fehler sind natürlich immer mein Ziel, wenn ich einen Auftrag bearbeite. Deshalb halte ich es für wenig zielführend, gleich von Anfang an eine Mindestanzahl an „erlaubten“ Fehlern festzulegen. Ich will sie alle finden!

Es ist außerdem schwierig, einen Wert festzulegen, weil bereits die Ausgangsgröße streitbar ist: Soll ich Fehler an der Wörterzahl oder an der Zeichenzahl festmachen? Ein Fehler besteht aber nicht immer aus einem konkreten falschen Zeichen; er kann auf mehreren Ebenen gemacht werden. Es gibt Typo-Fehler, Zeichenfehler, Grammatikfehler, Syntaxfehler, logische Fehler, sachliche Fehler…

Lektorinnen – und Kundinnen! – müssen sich damit abfinden, dass die Fehlerfreiheit oder die maximal duldbare Zahl von Fehlern in einem Dokument nicht streng als Maßzahl festgelegt werden kann.

So werden Fehler übersehen

Wie gut ein Lektorat ist, hängt nicht nur von der Lektorin ab, sondern von vielen anderen Faktoren: der Art des Dokuments (Papier, Word, PDF, eingescanntes Bild… ), der Fehlerzahl im Ausgangstext, dem Gestaltungsspielraum des Textes (ist es ein Vertrag mit juristischen Klauseln, die exakt so bleiben müssen, oder ein Fantasy-Roman?), der zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit (am besten gestern fertig!), der Zahl der Korrekturdurchgänge…

Auch von Ihnen hängt es ab, ob am Ende Fehler im Dokument zurückbleiben.  Das ist vor allem bei PDF-Dokumenten der Fall, wo Sie als Kunde meine Anmerkungen in den Originaltext übernehmen müssen.

  • Einige Fehler entstehen bei der Übernahme meiner Änderungen in Ihr Dokument (vor allem bei neuen Zeilenumbrüchen, aber auch neue Tippfehler).
  • Einige von mir angemerkte Fehler arbeiten Sie vielleicht bewusst nicht ein, weil Sie meinen, dass das gar keine Fehler sind. Hier hilft am besten eine klärende Rückmeldung.
  • Einige Fehler, die ich angemerkt habe, werden von Ihnen bei der Einarbeitung übersehen. Dagegen hilft am besten ein weiteres Kontroll-Korrektorat als Schlussdurchgang, nach dem Prinzip der vier Augen.

Am Ende ist es erfahrungsgemäß schlicht so, dass immer ein, zwei Fehler im Dokument bleiben, die auch in zwei oder mehr Korrekturdurchgängen übersehen werden. That’s life.

Deshalb ist hier vielleicht der richtige Platz, um mich zu bedanken: Bei meinen zufriedenen Stammkund*innen, die mit meinem Lektorat hochzufrieden sind – auch wenn am Ende noch Fehler drin sind.

Wenigstens das kann ich sagen: Wenn ich mit meinem geschulten Auge diese Fehler übersehen habe, dann übersehen sie in 99,9 Prozent der Fälle auch alle anderen Lesenden.

Herzlich willkommen – oder Herzliches Willkommen?

Mein Endgegner-Fehler begegnet mir überall – und ich habe sogar den Eindruck, das nimmt immer weiter zu. Jedes Türschild, jede Website, jede Ortseingangs-Tafel begrüßt mich mit einem Orthografie-Fehler, der mich in seiner zunehmenden Verbreitung oft ratlos macht:

Herzlich Willkommen

 

Bin ich vielleicht zu pingelig und ist die Meinung der Mehrheit nicht mehr wert als die des Dudens? Schließlich können die sich doch nicht alle irren??

Herzlich Willkommen

Herzlich Willkommen

Nein – ich werde unermüdlich weiter streiten und die Menschheit aufklären, wie es richtig heißt:

„In Fügungen wie Herzlich willkommen! oder Seien Sie willkommen! schreibt man willkommen klein, da es hier als Adjektiv verwendet wird. Großgeschrieben wird willkommen nur, wenn es als Substantiv gebraucht wird: Sie hatten ihm ein herzliches Willkommen bereitet.

Sagt der Duden, und ihr Touristiker*innen, Ladenbesitzende und Website-Textende, schreibt es euch hinter die Ohren!! Oder besser noch: Lasst es euch von mir auf eure Willkommensschilder schreiben 😉

Was für ein sinnloser Mist – oder wie sagt man das höflich?

MisthaufenAls Lektorin entferne ich nicht nur Rechtschreibfehler und falsche grammatische Konstruktionen. Oft muss ich tiefer in einen Text eingreifen – sei es bei einem Manuskript für einen Kriminalroman, bei der Beschreibung einer Wanderroute in einem Reiseführer oder bei einem Website-Text, mit dem sich ein Unternehmen der Welt präsentiert.

Da setze ich dann häufig nicht nur Korrekturen, sondern mache auch Anmerkungen, in denen ich mehr oder weniger ausführlich erkläre, warum ich etwas im Text anders ausdrücken würde.

Hier kommt dann meine eigentliche Kompetenz ins Spiel, wenn ich einem Kunden oder einer Kundin schonend vermitteln möchte, dass die gewählte Ausdrucksweise – oder gar der Inhalt – kompletter Quatsch ist.

Was ich oft schreiben will, aber nicht darf:

  • „Das ist Quatsch.“
  • „Das ist Blödsinn.“
  • „Wie um Himmels willen kommen Sie denn darauf??“

Ein hilfreicher Thread auf Twitter hat mir jetzt einige schöne alternative Möglichkeiten aufgezeigt, mein Unverständnis und gleichzeitiges Missfallen dezent und ohne beleidigend zu werden, mitzuteilen.

Vorschläge als Ersatz für „Das ist kompletter Mist“ waren zum Beispiel:

  • „Sehr interessant.“
  • “Mit dieser, doch sehr individuellen Auffassung habe ich mich im bisherigen Verlauf meiner beruflichen Laufbahn zuvor noch nicht befassen müssen.”
  • „Diesen Ansatz halte ich für so überarbeitungsbedütftig, dass es er aus Gründen der Effizienz nicht weiter verfolgt werden sollte.“
  • „Ich möchte nicht sagen, dass dies sinnloser Mist ist – aber ich möchte Ihnen diese Betrachtung zumindest zur Reflexion angeboten haben.“ (Mein Favorit!)
  • „Einzigartige Darstellung. Ich frage mich, warum noch niemand sonst darauf gekommen ist.“
  • „Hm.“

Also, liebe Kundinnen und Kunden – wenn Sie in Ihrem lektorierten Text eine Kommentarblase mit einer der aufgeführten Redewendungen finden, dürfen Sie sich Gedanken machen. Aber bitte nicht beleidigt sein – immerhin habe ich mir ja große Mühe gegeben, es nett zu formulieren! 😉