Nahe dem oder nahe des? Die Genitiv-Falle

Nahe dem oder nahe des? Fernglas

Um es gleich vorwegzunehmen: Die Präposition „nahe“ verlangt den Dativ, ohne Wenn und Aber. Praktisch heißt das zum Beispiel: „Das Haus liegt nahe dem Fluss“ oder „Ich wohne nahe dem Stadtzentrum.

Warum lesen wir dann aber (in meiner Wahrnehmung in zunehmendem Ausmaß!) in vielen Medien Sätze wie „Die Baustelle liegt nahe des Flughafens“ oder „Der Angriff geschah nahe des Regierungsviertels.

Die Erklärung: „Nahe“ wird wahrscheinlich deshalb von vielen Menschen zusammen mit dem Genitiv verwendet, weil man dabei an „Nähe“ denkt. Etwas, was nah am Stadtzentrum liegt, liegt folglich (und grammatisch völlig korrekt!) „in der Nähe des Stadtzentrums“. Es ist also einigermaßen logisch, dass es auch „nahe des Stadtzentrums“ heißen sollte. Nur ist die deutsche Sprache eben nicht logisch… seufz.

Richtig ist tatsächlich „nahe dem Stadtzentrum“, genauso wie „nahe dem Nervenzusammenbruch“.

Und auch, wenn das betreffende Wort keinen Artikel hat, wie z. B. „Berlin“, bleibt es im Dativ – auch wenn man das dann nicht sieht, etwa in dem Satz „Potsdam liegt nahe Berlin.

Generell wird die Wendung „nahe“ dem gehobenen Sprachgebrauch zugeordnet. Wenn ein Text eher informell geschrieben ist, würde ich in einem Standardlektorat den Ausdruck „nahe Berlin“ daher wahrscheinlich ohnehin ändern in „bei Berlin“ oder „in der Nähe von Berlin“. Alles besser als der Genitiv!

ACHTUNG: Der Duden ist kompromissbereit und erlaubt die Verwendung „nahe des…“, schränkt aber ein, dass dies „selten“ geschehe. Ich persönlich habe diesen Eindruck ja nicht…

Meine 3 Lieblingsfunktionen in MS Word, die kaum jemand kennt

Funktionen in MS Word

Das Textprogramm Word ist sicherlich die bekannteste Software von Microsoft. Und auch, wenn es gute kostenlose Alternativen wie LibreOffice gibt, nutzen die meisten meiner Kunden MS Word für ihre Dokumente – ich also auch.

MS Word ist ein mächtiges Textverarbeitungsprogramm mit vielen nützlichen Funktionen; wer sich ein wenig ausführlicher damit beschäftigt, kann den Arbeitsfluss und die Schreibgeschwindigkeit damit deutlich verbessern. Das Problem: Viele coole und praktische Funktionen in MS Word sind versteckt und erschließen sich nicht intuitiv; man muss schon wissen, wonach man sucht.

Ich stelle daher hier mal meine 3 Lieblingsfunktionen in MS Word vor, die ich am häufigsten benutze, um mir die Arbeit zu erleichtern.

Der Navigationsbereich

In einem längeren Dokument, das durch Überschriften gegliedert ist, lässt es sich superbequem navigieren, wenn man den Navigationsbereich nutzt.

Dafür setzt man in MS Word im Menübereich „Ansicht“ unter dem Reiter „Anzeigen“ ein Häkchen bei „Navigationsbereich“, und schon ploppt dieser links am Bildrand auf. Sofern im geöffneten Dokument Überschriften definiert sind, ist die Orientierung nun richtig einfach – und spätestens jetzt wird auch klar, warum es sinnvoll ist, diese Überschriften in verschiedenen Ebenen zu definieren (also Überschrift 1, 2 und 3).

Will man zu einem bestimmten Kapitel im Word-Dokument springen, muss man nicht endlos scrollen, sondern man klickt einfach auf die gesuchte Überschrift.

Gleichzeitig kann man in dieser Übersicht auch hervorragend nach Wörtern suchen. Oben in der Suchleiste trägt man den Begriff ein und hat dann die Wahl:

  • Soll das Ergebnis nur in der Navigationsansicht angezeigt werden? Dann markiert MS Word das jeweilige Kapitel, in dem das gesuchte Wort auftaucht.
  • Sollen die gesamten Seiten angezeigt werden? Dann bekommt man eine Miniaturansicht aller Seiten, auf der das gesuchte Wort gelb markiert ist.
  • Die Ergebnisse selbst werden als Liste ausgegeben, wobei jeweils ein wenig des Kontextes mit angezeigt wird – allerdings weiß man hier nicht, auf welcher Seite das gesuchte Wort steht.

Der Format-Pinsel

Das Formatieren von Word-Dokumenten ist eine Wissenschaft für sich, und auch nach über 15 Jahren Erfahrung als Lektorin stoße ich hier immer noch auf unüberwindliche Hürden – Microsoft Word ist ein mächtiges Programm mit vielen versteckten Funktionen, das aber oft wenig intuitiv funktioniert.

Eine sehr intuitive Möglichkeit, die Formatierung eines Textbereichs auf einen anderen zu übertragen, ist der Format-Pinsel.

Anstatt händisch die passende Formatvorlage aus dem Formatvorlagen-Katalog auswählen zu müssen, kann man einfach den Pinsel nutzen – sofern es bereits einen Text gibt, der in der gewünschten Formatierung ist.

Draufklicken, den Pinsel auswählen und dann den Pinsel auf den neuen Textbereich setzen – bei einzelnen Wörtern genügt ein Klick, bei Wortgruppen wird der Pinsel über den gesamten Bereich gezogen.

Das ist besonders hilfreich bei mühsam angelegten Nummerierungen oder Gestaltungen, denen man keine neue Formatvorlage zugewiesen hat – sei es, weil man es vergessen hat oder weil man sich die Mühe in einem kurzen Dokument nicht machen wollte.

Tipp: Man kann den Formatvorlagen-Pinsel auch nutzen, um eine Formatierung von einem Word-Dokument in ein anderes zu übertragen! Sie müssen dafür nur beide geöffnet sein.

Tipp 2: Die Formatierungen in Ihrem (vielleicht kopierten) Text sollen aber lieber alle verschwinden, weil Sie ganz neu anfangen wollen? Hier hilft die Tastenkombination Strg+Shift+N, mit der alles auf die Standard-Formatvorlage zurückgesetzt wird (den gewünschten Textbereich dafür vorher markieren!). Der nächste Schritt ist Strg+Leertaste – hiermit verschwinden sämtliche weitere Text-Auszeichnungen wie Fettungen, Kursivierungen etc.

Der Thesaurus

Eigentlich ist es mein Job als Lektorin, Wortwiederholungen oder unpassende Ausdrücke zu korrigieren. Wenn man aber selbst schon merkt, dass ein Ausdruck nicht der optimale ist oder dass man ein Wort bereits zum dritten Mal in einem Absatz verwendet hat, hilft ein Rechtsklick auf das markierte Wort.

Daraufhin öffnet sich ein Dropdown-Menü, in dem man die Option „Synonyme“ wählt – hier wird dann als Shortcut oft schon eine Reihe an Alternativen angeboten. Die Option „Thesaurus“ geht noch mehr in die Tiefe und bietet für jedes Synonym weitere Aufschlüsselungen und Wortbedeutungen an.

Tipp: Auch eine schnelle Übersetzungshilfe ist im Rechtsklick-Menü enthalten – Wörterbuch, adé!

Es gibt viele sehr praktische Funktionen in MS Word …

… aber die Hilfe eines Lektors oder einer Lektorin ist dennoch eine unschätzbare (und in bestimmten Fällen unverzichtbare) Ergänzung. Ich habe schon so viele Tippfehler aus bereits mehrfach elektronisch überprüften Dokumenten getilgt, Logikbrüche entdeckt und verschachtelte Sätze geradegerückt – ich weiß, dass ein geschultes menschliches Auge nicht so bald technisch ersetzt werden kann.

 

Neuseeland-Content für das ADAC Urlaub Magazin

ADAC Urlaub Magazin Neuseeland Jenny Menzel

Als Neuseeland-Expertin und Neuseeland-Fan freue ich mich jedes Mal sehr, wenn ich angefragt werde, um Neuseeland-Content zu erstellen.

Das ADAC-Urlaubsmagazin wünschte sich einen kurzen, knackigen Beitrag über Wohnmobil-Reisen in Neuseeland – und wer kann darüber besser schreiben als ich? (Eigenlob stinkt, ich weiß…)

Nach genauen Vorgaben des Verlags erstellte ich also ein sogenanntes Listicle: Zehn gute Gründe für einen Camper-Urlaub in Neuseeland. Das war gar nicht so einfach, wie es mir zunächst erschien, denn schließlich sollten sich die zehn Gründe allein auf einen Camper-Urlaub in Neuseeland beziehen.

Ich habe die Aufgabe natürlich dennoch gemeistert und einen Artikel geschrieben, der sofort Lust auf eine Wohnmobil-Auszeit am anderen Ende der Welt macht; samt Infobox mit den wichtigsten Informationen für eine Neuseelandreise im Camper.

Sie möchten den Artikel gern lesen? Kein Problem, hier ist das ADAC Urlaub Magazin Ausgabe 4/2024 zum Online-Blättern (der Neuseeland-Artikel steht auf S. 32).

Dabei ist es von großem Vorteil, dass ich für Neuseelandreisen nicht nur im Herzen brenne, sondern mich auch wirklich gut in diesem Bereich auskenne – inzwischen war ich schon fünfmal in verschiedensten Campern und Reisekonstellationen in Neuseeland unterwegs, habe einen Ratgeber zum Reisen im Wohnmobil geschrieben, mehrere Jahre lang das Magazin 360° Neuseeland mit herausgegeben, die Facebook-Gruppe 360° Neuseeland betreut, Reiseführer aktualisiert und, und, und…

Wenn Sie Neuseeland-Content benötigen, der inhaltlich fundiert und gut recherchiert ist – ich stehe als Autorin immer gern zur Verfügung!

 

Auf oder in Mallorca? Inseln korrekt bereisen

In oder auf Inseln Lektorat Dresden

Eine meiner liebsten Beschäftigungen als Lektorin ist das Schreiben – und Lektorieren – von Reiseführern, und meine liebsten Reiseziele sind witzigerweise alles Inseln.

Japan und Neuseeland sind ziemlich große Inseln, Mallorca ist im Vergleich dazu recht klein – aber es bleibt der Eindruck für viele Menschen, dass man AUF einer Insel Urlaub macht. Dennoch ist und bleibt es falsch, wenn man sagt: „Wir sind auf Neuseeland“ – genauso falsch, wie der Ausdruck „in Mallorca“ ist.

Woran erkenne ich, wann ich auf oder in verwenden sollte?

Hinweis: Bei der Frage nach auf oder in kommt es nicht auf die Größe an (wann tut es das schon…).

Intuitiv spricht man bei kleineren Inseln, die als Einheit überschaubar sind, von auf, weil man sich eben obendrauf wähnt.

Die dahinter stehende Regel ist anders, aber ziemlich einfach anzuwenden, wenn man in der Schule aufgepasst hat:

  • in verwendet man, wenn die Insel eine politische Einheit ist, also ein Staat.
  • auf verwendet man, wenn die Insel im geografischen Sinn gemeint ist, also kein eigenes Land darstellt. Man ist z. B. immer auf einer einsamen Insel, was eine rein geografische Beschreibung ist.

Dass viele Menschen annehmen, es hinge von der Größe einer Insel ab, ob man auf oder in ihr weilt, liegt schlicht daran, dass größere Inseln tendenziell auch eigene Staaten sind.

Nun ist nicht allen Reisenden bekannt, dass Mallorca kein eigener Staat ist – die Insel gehört zunächst zur Inselgruppe der Balearen und diese wiederum sind Teil von Spanien. Eine kleine Hilfe ist hierzu vielleicht praktisch:

Inseln, die gleichzeitig Länder sind → man ist in

  • Malta (ja, wirklich!)
  • Zypern
  • Island
  • England
  • Irland
  • Kuba

Inseln, die keine Länder sind → man ist auf

  • Rügen/Sylt/Helgoland etc. – gehören zu Deutschland
  • Bornholm – gehört zu Dänemark
  • Mallorca/Menorca/Ibiza/Formentera (den Balearen) – gehören zu Spanien
  • Korsika – gehört zu Frankreich
  • Sardinien – gehört zu Italien
  • Sizilien – gehört zu Italien
  • Kreta/Kos/Korfu etc. – gehören zu Griechenland
  • Gran Canaria/Teneriffa/Lanzarote/Fuerteventura (den Kanaren) – gehören zu Spanien
  • Madeira

Daraus ergeben sich übrigens noch weitere Unterschiede in der Verwendung von Präpositionen: Urlaubsgrüße sendet man grammatisch korrekt „von Mallorca“, aber „aus Neuseeland“.

Insel-Streitfälle: in oder auf?

Es gibt keine feststehende grammatische Regel zu dieser Frage, die man im Duden nachschlagen könnte. Und so ist es des Öfteren unklar, welche Präposition im konkreten Fall die passende – oder korrekte – ist.

So wird oft diskutiert, dass man Inseln wie Kuba sowohl geografisch als auch politisch definieren könnte. Man kann aus Kuba kommen, wenn man auf seine Herkunft anspielt, aber auch von Kuba, wenn der Flieger dort (geografisch) gestartet ist.

Ebenso ist diskutabel, ob der inzwischen ausgestorbene Moa wirklich in der politischen Einheit Neuseeland lebte, das es zu seiner Zeit noch gar nicht gab, oder ob man wirklich auf der riesigen Insel Grönland mit eigener Hauptstadt ist, nur weil diese von Dänemark verwaltet wird.

-> Immer die gleiche Präposition braucht man auf jeden Fall, wenn man die Flugrichtung angibt: Man reist nach Mallorca und auch nach Neuseeland.

Haben Sie sich erschreckt oder erschrocken?

Erschreckt oder erschrocken

Huch – das war ja ein echter Schock. Da habe ich mich ordentlich erschrocken… oder doch eher erschreckt?

Welche Form von „erschrecken“ richtig und falsch ist, darüber entscheidet der Kontext – beide Formen haben ihre Berechtigung, aber nicht an jeder Stelle!

Schauen wir uns also anlässlich von Halloween die beiden grundlegend unterschiedlichen Situationen an, in denen man erschreckt oder erschrocken sein/werden kann.

„(Ich habe mich) erschreckt“

Die Perfekt-Form wird immer mit „haben“ gebildet und braucht jemanden, der das Ziel des Erschreckens ist – also ein Objekt. Das kann man selbst sein (also „mich“) oder jemand anders („dich“ oder auch „der Angsthase da drüben“).

Das Erschrecken ist eine aktive Handlung: Der Hund erschreckt mich, die Corona-Inzidenzen erschrecken die Menschen, ich selbst erschrecke mich vor meinem Spiegelbild (vor allem am Montag Morgen…).

Jemand hat mich erschreckt, aber nicht erschrocken.

„(Ich bin) erschrocken“

Bei dieser Partizip-Konstruktion braucht es kein Objekt – man kann ganz allein erschrocken sein. „Erschrecken“ ist in dieser Variante ein „intransitives Verb“ ohne Akkusativobjekt, und es wird mit „sein“ gebildet.

Erschrocken sein kann man über vieles, auch über sich selbst – aber eine andere Person oder Sache braucht man dazu nicht.

„Ich bin erschrocken, weil das Lektorat so teuer ist“ wäre demnach – grammatisch – korrekt.

Auf das Erschrocken-Sein hat man normalerweise keinen (aktiven) Einfluss, es passiert durch Fremdeinwirkung.

Erschreckt oder erschrocken – sein oder haben?

Viele Dingen können mich erschrecken, aber ich bin nur dann erschrocken, wenn mich etwas anderes erschreckt.

Der Satz „Ich habe mich erschrocken“ ist genauso falsch wie „Ich bin zutiefst erschreckt“.

-> Merke: Ich bin erschrocken (ohne Fremdeinwirkung), Ich habe mich (oder wurde) erschreckt.

„Erschrecken“ richtig konjugieren

Mit den beiden unterschiedlichen Verwendungen von „erschrecken“ geht auch verschiedene Flexionen einher – erschrecken ist in der transitiven Form ein sogenanntes schwaches Verb, in der intransitiven Form aber ein starkes, d. h. sein Stamm verändert sich, wenn man es ins Präteritum setzt.

Das heißt, es heißt im Präsens:

ich erschrecke (jemanden oder einfach so), du erschreckst, wir erschrecken usw.

ABER im Präteritum:

ich erschreckte (jemanden)/ich erschrak (einfach so), du erschrecktest (dich)/du erschrakst (einfach so) usw.

Erschrecken ist übrigens kein reflexives Verb! Auch wenn man umgangssprachlich durchaus „sich erschrecken“ kann, ist das erstens grammatisch falsch und zweitens auch praktisch unmöglich: Oder haben Sie sich schon einmal erfolgreich selbst erschreckt?

Kommas retten Leben: Komm wir essen Opa!

Kommas retten Leben

Ein genauer Blick ist für eine Lektorin unerlässlich. Fehlt ein Punkt, Komma oder Strich, kann dadurch die Aussage eines Satzes komplett verändert werden. Dabei kommen oft lustige Sachen heraus, über die aber nur ich im Lektoratsstübchen schmunzeln sollte – ansonsten wird es oft unfreiwillig peinlich…

Sehr häufig korrigiere ich Fehler in der Kommasetzung. Kommas sind zwar klein, aber sie sind keine Nebensächlichkeiten! Sie gliedern den Sprechrhythmus und grammatische Konstruktionen und können den Inhalt eines Satzes völlig verändern.

Vor allem im Zeitalter der Textnachrichten und des hastigen E-Mail-Schreibens werden Kommas oft weggelassen, weil man meint, sie wären nicht zwingend nötig – die Rechtschreibreform mit ihren vielen Kann-Regeln bei der Kommasetzung hat hier viele Menschen stark verunsichert.

Durch falsch gesetzte, weggelassene oder auch zu großzügig verteilte Kommas entsteht aber manchmal der sogenannte „Holzwegeffekt“: Aus unterschiedlichen Kommasetzungen entstehen unterschiedliche Betonungen. Das kann vor allem in der gesprochenen Sprache Sätze mit sehr unterschiedlicher Bedeutung verursachen. 

Komm wir essen Opa – Holzwegeffekt dank Kommas

Hier sind einige Beispiele für krass veränderte Aussagen, die nur durch eine andere Kommasetzung entstanden sind:

Herr Müller, mein Mann, und ich gingen spazieren.
Herr Müller, mein Mann und ich gingen spazieren.

-> Wer ist nun Herr Müller? Ist er mein Mann? Oder war da noch eine dritte Person mit?

Das Kind, sagte der Vater, kann nicht klettern.
Das Kind sagte, der Vater kann nicht klettern.

-> Wer kann denn nun nicht klettern?

Ich empfehle, ihr zu folgen.
Ich empfehle ihr (,) zu folgen.

-> Was wird hier genau empfohlen und wem?

(Damit das klar wird, sollte in diesem Fall das freiwillige Komma vor dem einfachen Infinitiv mit „zu“ gesetzt werden, auch wenn das nicht zwingend notwendig ist.)

Komm, wir essen, Opa!
Komm, wir essen Opa!

-> In diesem Fall retten Kommas Leben!

Überlegen Sie also genau, ob Sie auf die Arbeit einer Lektorin wirklich verzichten wollen…

Lektorat: Stadtkrimi-App

Stadtkrimis

Städtetrips sind total im Trend. Wer im Packstress den Reiseführer vergessen hat, keine Lust auf dröge Kultur-Stadtführungen hat und aber zielloses Herumbummeln zu langweilig findet, der greift heutzutage gern zum Smartphone – und kauft sich fix eine Schatzsuche.

Die Stadtkrimis geben der klassischen Schatzsuche, die in Städten von Punkt zu Punkt führt und dabei Wissenswertes vermittelt, einen weiteren Twist – hier soll ein Kriminalfall aufgeklärt werden.

Was passiert ist, ändert sich von Fall zu Fall. Mal wurde ein berühmtes Bild gefälscht, mal ein wertvolles Objekt gestohlen, mal jemand ermordet. Die Täter(in), das Tatmotiv und der Tathergang ergeben sich Stück für Stück, während man den Instruktionen der Stadtkrimi-App durch Kassel, Korbach oder Frankenberg folgt.

Stadtkrimi-Erfinderin Leonie Mimpen-Becker beauftragt mich regelmäßig mit dem Lektorat ihrer neuen Stadtkrimi-Touren. Sie spricht zwar Deutsch fließend, ist als geborene Niederländerin aber grammatisch nicht ganz sicher.

Beim Lektorat achte ich nicht nur auf die passende Wortwahl und prüfe die Grammatik (Deutsch ist eine fies schwierige Sprache), ich gehe auch per Google Maps die Route ab und checke, ob der Rundgang funktioniert.

Auf diese Weise können die Nutzenden der App ihren Stadtkrimi-Rundgang ohne Irritationen absolvieren und ich lerne viel Neues über hessische Städte. Das ist etwas, was ich an meinem Beruf sehr gern mag: Jeder Auftrag bringt mir neues Wissen!

1 Lektorat = 3 Durchgänge

Tastatur

Wieso dauert ein Lektorat so lange – man muss den Text doch nur einmal gründlich lesen…?

Weit gefehlt. Ein ordentliches Lektorat braucht deutlich mehr Zeit, als der hilfsbereite Studienkollege oder die Projektmanagerin fürs „Drüberlesen“ benötigt. (Daher auch der vermeintlich hohe Preis für ein Lektorat; meine Arbeitszeit hat ihren Wert!)

Mein Lektorat (und das aller ernsthaften Kolleg*innen) beinhaltet immer drei Durchgänge:

– Im ersten Durchgang prüfe ich den Inhalt des Textes: Ergeben die Sätze Sinn? Gibt es auffällige Wiederholungen? Sind Fremdwörter korrekt verwendet worden?

– Im zweiten Durchgang prüfe ich Orthografie und Grammatik: Hier finde ich Tippfehler, Grammatikfehler (im Deutschen sehr häufig) und klassische Rechtschreibfehler (wer nämlich mit H schreibt…). Auch die Rechtschreibprüfung in Word bekommt hier ihre Chance, sie hat allerdings nicht immer recht.

– Der dritte Durchgang ist der wichtigste und darf keinesfalls aus Zeitgründen weggelassen werden: Hier lese ich ein weiteres Mal über den Text und wähle dazu idealerweise ein anderes Format (eine andere Auflösung am Bildschirm, eine andere Schriftart in Word, kurze Texte drucke ich auch aus). Hier finde ich wirklich IMMER Fehler, die vorher übersehen wurden.

Wie ich bereits in meinem Beitrag „Null Fehler“ erkläre, gebe ich ganz bewusst keine Garantie auf Fehlerfreiheit – denn es ist menschlich und unvermeidbar, dass man Dinge übersieht.

Wenn Sie absolut auf Nummer sicher gehen wollen oder müssen, dass es keinerlei Fehler mehr in Ihrem Text gibt, empfehle ich eine Zweitkorrektur, die ein*e Kolleg*in übernimmt. Diese Dienstleistung übernehme ich selbst ebenfalls öfters für andere, daher weiß ich aus Erfahrung, wie sinnvoll es ist.

Sprechen Sie mich gern an, ich vermittle dann gern ein passendes Lektorat oder preise diesen vierten Extra-Durchgang in meine Dienstleistung ein – Sie müssen sich dann um nichts kümmern.

Lektorat: Fantasy-Roman „Shakroeïk“

Ein mehrere hundert Seiten starkes Manuskript voller Figuren, kaum auszusprechender Ortsnamen und Fremdwörter in ausgedachten Sprachen: Was Jung-Autor Jan Schwarz mir als Mega-Word-Dokument zuschickte, ging sowohl zeitlich als auch hinsichtlich der im Kopf zu behaltenden Namen an die Grenzen meiner Kapazitäten.

Ich wusste allerdings, dass mich hier ein echter Schatz erwartet, denn ich durfte bereits vor etlichen Jahren drei Fantasy-Bücher von Jan lektorieren: Mit gerade einmal 13 Jahren war er damals ganz bestimmt einer von Deutschlands jüngsten Autoren und hat mich mit seiner ausgesuchten Wortwahl und der äußerst dicht gewebten Handlung in der Trilogie „Der zwölfte Orden“ (erschienen im Best Off Verlag) sehr beeindruckt.

Diesmal war es nicht anders: Shakroeïk ist sozusagen die Fortsetzung von Jans Ideen, wie eine Gesellschaft idealerweise zusammenleben könnte. Das liest sich streckenweise ein wenig trocken, aber immer wieder überrascht der Jung-Autor mit ungewöhnlichen Ideen und Schock-Momenten, die das Buch definitiv zur Erwachsenenlektüre machen.

Lange Manuskripte lektoriere ich eher selten, aus zwei Gründen:

– Es gibt nur wenige Autor*innen, die die doch recht hohen Kosten eines Lektorats selbst stemmen können (oder wollen), und auch Kleinverlage scheuen diese Kosten häufig. Leider geht das fast immer zu Lasten der Qualität.

– Der andere Grund ist schlicht der hohe Zeitaufwand. Um einen Schmöker wie „Shakroeïk“ gründlich zu lesen, die Handlung kritisch auf Schwachstellen zu beleuchten und mindestens zweimal durch den Text zu gehen, um Wiederholungen, Redundanzen und Tippfehler aufzuspüren, ist sehr viel Zeit nötig. Auch deshalb, weil kein Mensch acht Stunden am Tag aufmerksam lektorieren kann.

Buch-Manuskripte sind daher ein Highlight in meinem Lektoren-Jahr, das ich höchstens zwei- oder dreimal genießen möchte – dann aber mache ich es sehr gern und freue mich, wenn ich einen Überraschungshit wie Shakroeïk lektorieren darf.

Ich bin gespannt auf weitere Werke von Jan Schwarz!

Lektorat: Fotobuch Talsperren in Sachsen

Talsperren in Sachsen

Selten habe ich ein Buch lektoriert, das gleichzeitig so formvollendet schön ist und ein so … abwegiges Thema hat. „Talsperren in Sachsen“ ist ein echtes Couchtisch-Buch zum genussvollen Durchblättern und Schmökern – für alle Menschen, deren Herz für Talsperren in Sachsen brennt.

Talsperren in Sachsen
Couchtisch-Schmöker mit ungewöhnlichem Thema

Den Auftrag für das Lektorat des bereits fertig gesetzten Textes erhielt ich nicht von den Verfassern des Buches: Das ist die Talsperrenverwaltung Sachsen, die erstaunliche 24 Trinkwasser- und Brauchwassertalsperren, 5 Wasserspeicher und 25 Hochwasserrückhaltebecken im ganzen Freistaat überwacht und erhält. Das ist im Bundesvergleich eine Menge!

Nein, beauftragt wurde ich von der Kommunikationsagentur Mai & März aus Dresden – die nur einen zehnminütigen Spaziergang von meinem Büro entfernt sitzen, die Welt ist doch echt ein Dorf. Ich hoffe sehr, dass wir auch an weiteren Projekten zusammenarbeiten können, denn wenn ich etwas noch mehr schätze als gute Texte, dann sind es gute Kunden!

Mit größtem Respekt durfte ich also diese Schönheit voller herausragender Drohnenfotos des Freiberger Fotografen Albrecht Holländer lektorieren, wobei mir im Hinterkopf ständig die nagende Frage herumging: Wer bitteschön interessiert sich für Talsperren in Sachsen?

Talsperren in Sachsen
Formvollendet (und jetzt auch fehlerfrei): der Bildband „Talsperren in Sachsen“

Offenbar tun das nicht wenige Menschen: Hier handelt es sich nämlich bereits um die zweite, komplett überarbeitete Auflage des Buches. Und ja, man lernt darin wirklich sehr viel über die technischen Meisterwerke, die teilweise schon seit 500 Jahren im Einsatz sind, und ihre Bedeutung für die Landschaftsgestaltung, aber auch den Umgang mit dem Klimawandel in Sachsen.

Spoiler: Ohne seine vielen Talsperren hätte der Freistaat die Hochwasser und Dürreperioden der vergangenen Jahrzehnte längst nicht so gut weggesteckt. Und die Herausforderungen werden ja nicht geringer.

Wem ich jetzt tatsächlich Lust auf „Talsperren in Sachsen“ gemacht habe, der kann den Fotoband für 40 Euro (inklusive Versand) per E-Mail direkt bei der Landestalsperrenverwaltung bestellen.

Viel Spaß beim Lesen – wetten, Sie finden keinen Fehler?

Talsperren in Sachsen
Der Fotoband „Talsperren in Sachsen“ bietet Augenweide und Lernstoff zugleich